Pansori in Europa: Zwischen Vermittlung und Aneignung

Aufführung und Symposium

Freitag, 14. und Samstag, 15. Juli 2017

 

Ausrichter: Koreanisches Kulturzentrum Berlin

Organisatoren: Jan Creutzenberg (Seoul), Matthias Entreß (Berlin)

Veranstaltungsort: Ufa-Fabrik (Pansori, Fr. 14.7.), Kor. Kulturzentrum (Symposium, Sa. 15.7.)

 

Viele Legenden ranken sich ums koreanische Pansori, die gesungenen Romane Koreas. Sänger, deren Schicksal ihr herzzerreißender Gesang ist, exorbitante Aufführungsdauern und eine lebendige Kunst, die die Spuren jahrhundertelanger stürmischer Kulturgeschichte sehen läßt – in Korea schon nicht mehr alltäglich, sind Aufführungen im Ausland äußerst rar. Eine Aufführungsform, die aus nichts als 1 SängerIn plus TrommelbegleiterIn besteht, erscheint ja auch ziemlich aus der Welt gefallen. Trotzdem studieren junge Sänger die riesigen Werke, und kommt es zu einer Begegnung mit ausländischem Publikum, öffnet es ungeahnte Möglichkeiten.

In unserer zweiteiligen Veranstaltung gibt es die äußerst seltene Gelegenheit, die komplette Aufführung eines Pansoris („Jeokbyeokga – Das Lied vom Roten Felsen“ – mit kompletter deutscher Übertitelung!) zu erleben und am nächsten Tag mit Künstlern und Wissenschaftlern die kreativen Folgen dieser elektrisierenden Menschenkunst auf Musik und Theater der Gegenwart in Europa zu diskutieren.

 

 

1. Teil

Freitag, 14. Juli 2017 um 19 Uhr im Varietésaal der ufafabrik

 

Pansori – der gesungene Roman aus Korea:

“Jeokbyeokga – Das Lied vom Roten Felsen”

Komplette Aufführung mit deutscher Übertitelung

mit YUN Jin-chul, Gesang und CHO Yong-su, Trommel

 

in Kooperation mit dem Koreanischen Kulturzentrum

der Botschaft der Rep. Korea in Berlin

 

18 Uhr: Einführung mit Matthias R. Entreß

 

Eintritt: 15,-, erm. 10,-

Tickets: 030 - 755 03 0, Email: vorbestellung@ufafabrik.de,   Infos

 

ufafabrik Berlin - Internationales Kulturcentrum
Viktoriastr. 10-18 / 12105 Berlin / Tempelhof

www.ufafabrik.de

 

 

2. Teil

Samstag, 15. Juli 2017, 11 bis ca. 19 Uhr im Koreanischen Kulturzentrum, Leipziger Platz 3

 

Symposium:

„Pansori in Europa: Zwischen Vermittlung und Aneignung“

Eine Veranstaltung des Kulturzentrums der Botschaft der Republik Korea in Berlin

 

Leitung: Jan Creutzenberg, Theaterwissenschaftler und Matthias R. Entreß, Musikkurator, Journalist

 

Eintritt frei, Anmeldung zu gegebener Zeit erbeten unter www.kulturkorea.org

 

Koreanisches Kulturzentrum Berlin

Leipziger Platz 3, 10117 Berlin

www.kulturkorea.org

 

Das traditionelle Sing/Erzähltheater Pansori ist spätestens seit seiner Ernennung zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO 2003 auch außerhalb Koreas nicht mehr unbekannt. Bereits vorher traten koreanische Sänger immer wieder in Europa auf und auch nicht-koreanische Forscher und Künstler beschäftigten sich mit dieser eigenwilligen Kunst, die sowohl durch ihre epischen Erzählungen und stimmliche Virtuosität in ihren Bann zieht. Heute finden regelmäßig Gastkonzerte und grenzüberschreitende künstlerische Kollaborationen statt, aber auch in Europa selbst ist eine lebhafte Pansori-Kultur mit Workshops, Wettbewerben und neuen künstlerischen Arbeiten entstanden.

Welche Aufführungsformen wurden und werden bei der “europäischen” Rezeption von Pansori bevorzugt? Wie kann einem europäischen Publikum eine fremde Tradition nähergebracht werden und welche Erfahrungsmöglichkeiten ergeben sich? Mit welchen anderen Künsten finden interkulturelle Experimente statt? Was für eine Rolle spielt ein gemeinsames Kulturerbe für Migranten aus Korea in Europa? Wie und von wem werden künstlerische Austausche organisiert? Welche “Verwebungen” entstehen aus diesen Begegnungen? Und wie kann gewährleistet werden, dass die Authentizität der Erzählkunst zwischen Kulturpolitik und kreativen Aneignungen nicht auf der Strecke bleibt?

Mit diesen Fragen beschäftigen sich Musik-, Theater- und Literaturwissenschaftler aus ganz Europa bei einem Symposium in Berlin aus historischer, ästhetischer und praktischer Perspektive. Mit Vorträgen, Diskussionsrunden und natürlich einer Pansori-Aufführung soll nicht nur eine Bilanz der bisherigen europäischen Pansori-Geschichte gezogen, sondern auch Methoden für zukünftige Projekte ausgelotet werden.

 

 

Zur Aufführung

„Jeokbyeokga – Das Lied vom Roten Felsen“ ist das Schlachtengemälde unter den fünf heute noch erhaltenen, mündlich überlieferten Pansoris, den epischen Gesängen, besser, Gesungenen Romanen koreanischer Volkstradition. In Korea gilt es wegen seiner historischen Quellen und der legendären Kriegshelden als Hauptpersonen als das bedeutendste Pansori – doch kein Pansori gleicht dem anderen, außer in seiner Aufführungspraxis:

Ein Sänger, nur von einem Trommler begleitet, singt und erzählt eine lange, abwechslungsreiche, extrem emotionale und überaus spannende Erzählung. Alle künstlerischen Mittel, der virtuose Gesang, der menschliche Urlaute in eine farbenreich nuancierte Kunst mit geradezu unerschöpflicher Ausdruckskraft verwandelt, Gestik, Mimik, die charakteristischen Rhythmen und die in vollkommener Einheit mit der Sprache entwickelten Melodien, wie auch der immer wieder überraschende Handlungsverlauf sind auf unmittelbare Wirkung auf die Zuhörer gearbeitet, die ja oft viele Stunden lang aufmerksam bleiben sollen. So ist die direkte Ansprache des Sängers an seine Zuhörer sein wichtigstes Mittel. Er stellt nicht die Figuren der Handlung dar, sondern inszeniert sich selbst als virtuoser Erzähler und zieht die Geschichte nicht nur grammatikalisch, sondern auch für die Phantasie der Zuschauer ins gegenwärtige Erleben. Pansori, eine der am höchsten entwickelten Vortragskünste, wird seit 2003 als Immaterielles Welterbe der Menschheit von der UNESCO geschützt. Bei Aufführungen im Ausland hat sich die simultane Projektion der Übersetzung bewährt, die das Verständnis der Handlung und aller eingesetzten Mittel geradezu schwellenlos zugänglich macht.

„Jeokbyeokga“ schildert die Vorgeschichte und Umstände des Krieges der Drei Chinesischen Reiche im Jahre 208 n.Chr. Aber der Ernst der Vorgänge wird im Pansori ins Groteske gebrochen und die Macht der Helden durch manches allzumenschliche Detail relativiert. [Grundzüge der Handlung sind auch deutschen Fernsehzuschauern durch den Film „Red Cliff“ von John Woo bekannt gemacht worden.]

 

Der Sänger Yun Jin-chul, geb. 1964, hat drei komplette Pansoris im Repertoire, neben Jeokbyeokga auch Chunhyangga und Simcheongga, die er beim Meister Jeong Gwon-jin lernte. Er hat zahlreiche Wettbewerbe gewonnen, hatte eine eigene Fernsehshow über Pansori und ist jetzt Leiter des Kulturzentrums in Gwangju. Wie alle großen Pansori-Sänger unterrichtet er fortwährend junge Sänger.

 

Der Trommler Cho Yong-su wurde 1998 als Bester Pansori-Trommler mit dem Präsidenten-Preis ausgezeichnet, die höchste Ehre für einen „Gosu“ (Pansori-Begleiter). Neben Pansori spielt er in Ensembles für volkstümliche Lieder und Changgeuk (Pansori als Oper). Er ist Leiter der Schlagzeug-Abteilung am Nationaltheater Seoul.

 

v.l.n.r.: Yun Jin-chul, Gesang und Cho Yong-su, Trommel buk

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