1999
MUSIK
ALS MUSEUMSDIENST
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Das Guarneri-Quartett bei den Festwochen -
Zum
Auftakt ihrer drei Konzerte umfassenden Festwochenpräsenz enttäuschte das
Guarneri-Quartett mit einer Programmänderung und ließ die Wiederbegegnung mit
dem in vergangenen Jahren stark geförderten György Kurtag ausfallen. Statt
dessen gabs Wien pur, frühen Mozart, relativ frühen Haydn und frühen Berg, drei
Anfänge in der Geschichte des Streichquartetts.
Mozarts
jugendlicher B-dur-Dreisätzer KV 159 von 1772/73 ertastet, immer noch
spielerisch im Sinne des Divertimentos, auch tiefere Gefühlsregionen, Haydns
D-Dur Quartett op.20,4 aus demselben Jahr experimentiert mit
Dur-Moll-Schwankungen, aber auch ganz äußerlichen Unregelmäßigkeiten, [wenn
z.B. auf den sehr bedächtigen Variationensatz ein praktisch nur angespieltes,
abgebrochenes, stark synkopierendes Menuett »alla zingarese« folgt.] [Beide
Werke werfen Probleme des neuen Genres auf und schlagen intelligente, manchmal
auch provisorische Lösungen vor.]
Dreißig
Jahre lang spielt das Guarneri-Quartett nun zusammen und da ist die Zeit des Experimentierens
wohl vorbei. Mit bewundernswürdig glattem Ton, sehr zu gebundener Phrasierung
neigend, greifen die Stimmen wie bei der Mechanik eines Uhrwerks ineinander,
doch wann immer die Kompositionen vom Gleichmaß abweicht, gerät Unsicherheit in
ihr Spiel. Die freudige Spritzigkeit von Mozarts Schlußrondo ahnt man nur und
Haydns Entdekkungen der vierstimmigen Möglichkeiten werden als musealer Schatz
hinter Glas als Längstbesessenes präsentiert.
Ähnlich
verschleiert, wie mit einem Tonalitätssedativum behandelt stellte sich auch
Alban Bergs sonst hochnervös im Kabinett des Doktor Caligari zwischen den
Schrecken der Moderne umhertaumelndes op.3 dar. Dieses kurze zweisätzige
Quartett von 1910, das von den extremsten menschlichen Regungen erzählen will,
indem es die Regeln der Harmonik verzerrt, klang hier spätromantisch vergrübelt
- nein, bei aller Intonationsschönheit und routinierten Präzision mangelte den
ohne innere und äußere Regung vorgetragenen Interpretationen dieses Abends der
Funke der nachschaffenden Erfindung.
Matthias
R.Entreß
Das
Guarneri-Quartett plus Kim Kashkashianm Bratsche spielt heute 22.30 Uhr im
Kammermusiksaal der Philharmonie Mozarts Streichquintette KV 406 und 515