18.9.02

Zwei Seiten einer Goldmedaille

Klaus Doldinger mit "Passport" und der Bigband des Filmorchesters Babelsberg  

Ruhm und Erfolg dieses deutschen Jazzmusikers sind geradezu legendär, aber es ist auch mehr als erstaunlich, in wie vielen Disziplinen Klaus Doldinger immer um eine Saxofonlänge voraus war: In den fünfziger Jahren, noch als ganz junger Mann swingte er mit seinen "Feetwarmers" den Dixieland über das Niveau bloßer Nachspielerei, machte 1963 mit "Jazz Made in Germany" in Amerika Furore und war mit dem glitzerklaren Jazzrock seiner Band "Passport" 1971 absolut auf der Höhe der Zeit.

Mit zahlreichen Filmmusiken, z.B. der genialen Titelmelodie zum Dauerbrenner "Tatort" oder der Musik zu "Das Boot" drang sein unverwechselbarer Kraftklang auch in die letzten Winkel der Republik. Er spielt den Blues, dass es einem kalt den Rücken runterläuft und er findet sich sogar in altbayrischer Folklore zurecht. Und und und - aber nicht alles. "Niemand kann seinen Background verleugnen", sagt er amüsiert, auf seine Reserve z.B. gegenüber dem Free Jazz angesprochen, "das sind bei mir Konservatorium und Musikhochschule. Ich habe mich musikalisch immer ausgelebt, so nach meiner Vorstellung, und ich hatte eigentlich nie die Ambition, unserem Publikum ins Gesicht zu springen. Wenn die Leute aus dem Konzert herausgehen mit einem positiven Lebensgefühl, das ist das Beste, was ich erreichen kann."

Morgen beim "1. Potsdamer Crossover Konzert Filmorchester & Friends" im Nikolaisaal wird es zwei der vielen Seiten Doldingers zu bewundern geben, wenn er mit "Passport" und der voll auf Jazz getrimmten BigBand des Filmorchesters Babelsberg (Leitung Rolf von Nordenskjöld) auftritt. Es ist übrigens eine der seltenen Gelegenheiten, diese nur zu speziellen Zwecken formierte Big Band zu erleben. Zum einen stehen die neuen und formal überraschend umgebauten Arrangements des New Yorkers Bob Belden auf dem Programm, die Doldingers kompakte Filmmusik auch der Improvisation und also dem puren Jazz öffnen; und sein allerneuestes und wiederum supermodernes Remix-Projekt. Der bereits durch zwei zusätzliche Percussionisten erhitzte Klang von "Passport" bekommt hier mit Live-Samples und DJ-Trance neue Farben, Rhythmen und neue subkulturelle Reize. Gegenstand dieser Aktualisierung sind die Passport-Hits der siebziger Jahre. "Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern", sagt der offenbar immer jünger werdende 66-Jährige, "die auch Remix-Projekte draußen haben, die das aber gar nicht über die Rampe bringen, funktioniert das bei uns sehr sehr gut." Big-Band- und Electric Jazz unter Hochspannung.

Matthias R. Entreß  

Nikolaisaal Potsdam, Wilhelm-Staab-Str.10-11, Potsdam. Morgen, Sonnabend, 20 Uhr. Karten 8-20 Euro, Tel.: 0331-288 88 28